Fakt ist: Für die Life-Sciences-Industrie ist die Grossregion Basel als Standort zentral. Was muss die Politik tun, damit das so bleibt? Diese und weitere Fragen zur Rolle und Stärkung von Life-Sciences-Akteuren diskutieren wir mit Elisabeth Schneider-Schneiter, Nationalrätin und Präsidentin der Handelskammer beider Basel (HKBB).
metrobasel (mb): Frau Schneider-Schneiter, was hat es mit dem Life Sciences Cluster Basel der HKBB auf sich?
Elisabeth Schneider-Schneiter (ESS): Mit dem Life Sciences Cluster Basel tragen wir von der HKBB der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Relevanz der hiesigen Life-Sciences-Industrie Rechnung. Mit diesem Cluster haben wir eine Plattform für potente Partner aus Chemie, Pharma, Medtech, Fintech und dem weitläufigen Life-Sciences-Universum geschaffen. Ziel der Initiative ist es, den Austausch zwischen den Unternehmen zu fördern, Synergien zu nutzen und gegenüber den vielen Dialoggruppen und der Öffentlichkeit mit einer Stimme zu sprechen. Auf diese Weise helfen wir mit, dass die Life-Sciences-Industrie ihre Schlagkraft zugunsten der Schweizer Volkswirtschaft und der Menschen in unserer Region voll entfaltet.
mb: Inwiefern ist diese Industrie schlagkräftig?
ESS: Die Life-Sciences-Branche ist die stärkste Exporteurin der Schweiz. 2022 machte sie 39% der Schweizer Exporte aus und trug mit einem Rekordwert von 109,6 Milliarden Schweizer Franken zum Aussenhandel bei. In der Region Basel bieten Unternehmen der Life Sciences mehr als 32’500 Personen einen Job. In dieser Zahl sind Mitarbeitende der Zulieferindustrie nicht einmal eingerechnet. Im weltweiten Ranking der Innovationshubs belegt der Life Sciences Cluster Basel Rang zwei, direkt nach Boston. Mit ihren regen Aktivitäten in Forschung und Entwicklung fungiert die Branche als Haupttreiber der Schweizer Innovationskraft. Hier sind Akademie, Wissenschaft und Wirtschaft optimal miteinander vereint. Das alles fördert den Wohlstand im ganzen Land, nicht nur in der Region Basel.
mb: Kein Kampf um Arbeitskräfte in dieser Branche?
ESS: Doch, die Arbeitskräftesituation ist auch hier angespannt. Umso wichtiger ist es, dass Universitäten, Fachhochschulen und Bildungsangebote ein solides Fundament legen, gerade in MINT-Fächern. In der Region Basel verfügen wir über Universitäten und ETH-Institute mit Schwerpunkten in Life Sciences. Und über eine frühe MINT-Förderung. Auch die Zuwanderung – ohne diese zu verherrlichen – erlaubt es den Life-Sciences-Unternehmen, den Arbeitskräftemangel bis zu einem gewissen Grad aufzufangen. Deshalb sollten wir Stimmbürgerinnen und -bürger uns an der Urne auch die ökonomischen Effekte von Offensiven wie der schädlichen Nachhaltigkeitsinitiative vor Augen führen. Noch etwas: Die Schweiz muss ihren Zugang zu Horizon, dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, unbedingt zurückerlangen. Die Attraktivität der Schweiz für Professoren und talentierte Studierende lässt schleichend nach. Das ist fatal, denn unser hochklassiges Bildungssystem gehört zu den Schlüsselfaktoren für Life-Sciences-Akteure.
mb: Worauf achten Unternehmen dieser Industrie sonst noch bei der Standortwahl?
ESS: Auf eine gute Anbindung an den europäischen Binnenmarkt und eine offene Freihandelspolitik. Auf solide Verkehrsinfrastrukturen, starke Rahmenbedingungen wie eine verlässliche Gesundheitsversorgung und ein hochstehendes Bildungsangebot. Und natürlich auf eine attraktive Steuersituation.
mb: Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Ja zur OECD-Gewinnbesteuerung?
ESS: Für die Life-Sciences-Akteure und überhaupt für alle global tätigen Unternehmen, die sich in der Schweiz ansiedeln, sind international harmonisierte Steuerbestimmungen entscheidend. Sie schaffen Planbarkeit und Rechtssicherheit. Auf beides sind nicht nur Multinationale wie Novartis oder Roche angewiesen, sondern auch die vielen kleinen und mittelgrossen Life-Sciences-Unternehmen und Zulieferfirmen. Basel trägt wesentlich zum Finanzausgleich bei. Bei den Nettoausgleichszahlungen pro Kopf liegt der Kanton Basel-Stadt 2023 auf Rang 4. Mit der Einführung der OECD-Mindestbesteuerung wird dieser Beitrag noch wachsen, was wiederum allen Kantonen zugutekommt.
mb: Sie haben die Digitalisierung angesprochen. Warum ist sie ein Standortkriterium für Life-Sciences-Unternehmen?
ESS: Digitalisierungsgrad und Innovationskraft korrelieren. Gesundheitsakteure möchten dem elektronischen Patientendossier Leben einhauchen und die medizinische Versorgung der Schweizer Bevölkerung optimieren. Pharma-, Diagnostik- oder Biotechunternehmen wiederum brauchen für ihre Forschung und Entwicklung verlässliche und verwertbare Gesundheitsdaten. Im Bereich der Frauenmedizin zum Beispiel sind noch viele Themenbereiche unerforscht. Das ändert sich nur, wenn die Life-Sciences-Industrie mit echten Patienten- und Behandlungsdaten arbeiten kann.
mb: Was wurde noch nicht gesagt?
ESS: Life Sciences gehören zu den stärksten Branchen unserer Region und unseres Landes. Als Nationalrätin ist es mir ein Anliegen, dass wir ihren Beitrag für unsere Volkswirtschaft anerkennen und fördern. Als Präsidentin der Handelskammer beider Basel liegt es mir am Herzen, dass wir diesen Unternehmen Sorge tragen. Denn sie helfen mit, die Versorgung und den Wohlstand aller Menschen in der Schweiz sicherzustellen.
Erschienen im metrobasel Newsmail 7/23. CAMPAIGN_41_1_1.pdf (metrobasel.ch)
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